Jesus trat auf seine Jünger zu und sagte zu ihnen:
Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern;
tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.
Mt 28,18-20
Von Anfang an war die Taufe das Sakrament der Christwerdung. Ein Mensch stellt sich unter Zuspruch und Anspruch des Evangeliums von Jesu Tod und Auferstehung, weil er erkannt hat, dass darin die Möglichkeit und die Chance auf ein neues, anderes, besseres Leben liegt.
Zunächst wurden Erwachsene getauft, die diese Entscheidung bewusst für sich selber getroffen hatten. Erst später wurden auch Kleinkinder getauft – bis heute liegt darin eine besondere Herausforderung, weil hier nicht die eigene, freie Glaubensentscheidung zugrunde liegt, sondern die Entscheidung anderer, in deren Konsequenzen es hineinzuwachsen gilt.
Taufe – Feier der Familie? Feier der Familie Gottes!
Wie bei Vielem im Bereich des Glaubens und der Religion ist auch bei der Taufe ein Abdriften in den Raum des Privaten festzustellen. Dies zeigt sich teils auch in den Wünschen bezüglich der Gestaltung der kirchlichen Tauffeier.
Demgegenüber ist festzuhalten, dass die Taufe primär nicht eine Feier der irdisch-menschlichen Familie ist, in die ein neuer Mensch hineingeboren wurde. Vielmehr ist die Taufe eine Feier der Glaubensgemeinschaft, der Familie Gottes, in die in der Taufe ein neues Glied hineingeboren wird: Die Taufe stellt in die Gemeinschaft mit Gott und mit allen anderen, die sich zum Gott und Vater Jesu Christi bekennen.
Insofern ist die Taufe eine Fortführung der leiblichen Geburt, nämlich eine geistliche Geburt: ein Mensch ist nun nicht mehr nur Kind menschlicher Eltern, er ist durch die Taufe Kind Gottes in Christus Jesus. Die Taufe muss daher grundlegend von einer „allgemeinen Segensfeier“ oder einer „Willkommensfeier in der (leiblichen) Familie/auf der irdischen Welt“ unterschieden werden, weil sie eine Gliedschaft in der Kirche Jesu Christi begründet.
Aus diesem Grund ist es angezeigt, dass die Taufe stets in einem größeren Kontext gefeiert wird und nicht nur für eine einzelne menschliche Familie. Dies kann dadurch geschehen, dass in einer Tauffeier mehrere Kinder getauft werden und somit mehrere menschliche Familien als Familie Gottes zusammenkommen. Dies kann auch dadurch geschehen, dass die Taufe im Rahmen der sonntäglichen Eucharistiefeier gespendet wird. Insgesamt erscheint es wichtig und wünschenswert, dass Vertreter der Gemeinde in die gottesdienstliche Feier der Taufe eingebunden sind.
Taufe – ein Ereignis, das bindet für die Zukunft
Ein Erwachsener, der zur Taufe kommt, bekennt vor der ganzen Gemeinde seinen Glauben. Er verspricht, sein Leben am Evangelium von Jesu Tod und Auferstehung auszurichten: den Weg der Gottes- und Nächstenliebe, den Jesus vorausgegangen ist, im eigenen Leben nachzugehen – ein Menschenleben lang.
Kleinkinder können ihren eigenen Glauben logischerweise noch nicht bekennen. Daher bekennen Eltern und Paten bei der Taufe ihren Glauben und versprechen, das neugetaufte Kind in diesem Glauben zu erziehen. Dies soll dem Kind ermöglichen, in den Glauben hineinzuwachsen. Es soll später – nicht nur als Erstkommunionkind und dann als Firmling, sondern ein Leben lang – Ja sagen zu diesem Glauben – in Wort und Tat –, zu Gott, zu Jesus Christus und dessen Weg, der so anders ist als das, was in dieser Welt sonst so gilt.
Dieses Versprechen darf daher nicht leichtfertig gegeben werden. Es ist das größte und eigentliche Geschenk, das Eltern und Paten bei der Taufe dem Täufling machen und das auf Jahre hin angelegt ist.
Damit dieses Geschenk Frucht tragen kann, braucht es bei Eltern und Paten eine eigene Beheimatung im Glauben und im kirchlichen Leben. Wer sein Kind zur Taufe bringt oder das Patenamt übernimmt, bindet sich selber neu an die Glaubensgemeinschaft.
Als diese wollen wir unsererseits Eltern und Paten in der christlichen Erziehung der Kinder unterstützen, unter anderem durch Kindertagesstätten in katholischer Trägerschaft, Kleinkinder-, Kinder- und Familiengottesdienste sowie dadurch, dass unsere Seelsorger auch in diesen Fragen ansprechbar sind.
Taufe – Tauferinnerung – „gefährliche Erinnerung“
Als Eintrittssakrament in die christliche Gemeinschaft wird die Taufe jedem Menschen nur ein einziges Mal gespendet. Aber sie bindet ein Leben lang. Daher muss die Taufe immer wieder erinnert werden. Dies kann durch das Taufgedächtnis in der Osternacht, das sonntägliche Taufgedächtnis oder eigene Taufgedächtnisgottesdienste geschehen.
Dabei kann nicht nur die Erinnerung an das zurückliegende Ereignis der eigenen Taufe im Mittelpunkt stehen. Vielmehr gilt es, sich an jenen Weg zu erinnern, den Jesus selbst gegangen ist. Denn durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er es uns überhaupt erst ermöglicht, selber Kind Gottes zu werden – mit allen Konsequenzen für das eigene Leben.
Insofern ist auch jede Eucharistiefeier Tauferinnerung, weil sie den Ursprung – das Kreuz Jesu und seine Auferstehung – feiernd vergegenwärtigt und begeht, Nahrung ist auf dem Weg der eigenen Nachfolge.
Der Theologe Johann Baptist Metz sprach von der „gefährlichen Erinnerung“ (vgl. u. a. Würzburger Synode: „Unsere Hoffnung – Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit“). Denn der Weg, den Jesus selbst gegangen ist und der ihn ans Kreuz geführt hat, bindet jeden, der sich zu Jesus bekennt. Wer getauft ist, steht vor der Herausforderung, sich sein Leben lang dem „Ärgernis des Kreuzes“ (Gal 5,11) zu stellen: nicht nach Macht, Geld, Ruhm und Anerkennung zu streben, sondern sich von jenem leiten zu lassen, von dem es heißt: „Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen.“ (2 Kor 8,9; vgl. Mk 10,21), und der gesagt und selbst gelebt hat: „Wer bei euch groß seil will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Diener aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen, und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10,43-45) Zur „gefährlichen Erinnerung“ an Jesus und sein Kreuz gehört daher essentiell, das helfende Dasein für andere als Lebensinhalt und Lebenssendung zu erkennen und umzusetzen.
Diese Haltung wollen wir in unserem Seelsorgebereich insgesamt im Umgang miteinander und mit anderen umsetzen; davon ist auch unser Pastoralkonzept im Seelsorgebereich insgesamt geprägt.